Komödie in vier Akten von Anton Tschechow
Aus dem Russischen von Ginka Tscholakowa und Heiner Müller
Uraufführung 17. November 1896, im Alexandra-Theater,
St. Petersburg
Premiere 14. November 1998, in der Alten Feuerwache, Saarländisches Staatstheater
Schauspielerinnen & Schauspieler
Irina Nikolajewna Arkadina, Schauspielerin – Brigitte Kahn
Konstantin Gawrilowitsch Treplow, ihr Sohn – Ben Daniel Jöhnk
Pjotr Nikolajewitsch Sorin, ihr Bruder – Eberhard Peiker
Nina Michailowna Saretschnaja, Tochter eines reichen Gutsbesitzers – Roswitha Szyszkowitz
Ilja Afanasjewitsch Schamrajew, Leutnant im Ruhestand, Verwalter bei Sorin – Jürgen Kirchhoff
Polina Andrejewna, seine Frau – Elfie Elsner
Mascha, seine Tochter – Rebekka C. Burckhardt
Boris Alexejewitsch Trigorin, Schriftsteller – Thomas Hölzl
Jewgenij Sergejewitsch Dorn, Arzt – Gunter Cremer
Semion Semionowitsch Medvedenko, Lehrer – Klaus Zwick
Jakow, Knecht – Jürgen Meyer-Schwerin
Team
Inszenierung, Markus Imhoof
Bühne, Werner Hutterli
Kostüme, Renate Schmitzer
Musikalische Leitung, Marc Schubring
Dramaturgie, Lars Vogel
Regieassistenz, Steffi Streichan
Inspizienz, Frank Strauss
Presse
Das Bemerkenswerte an Markus Imhoofs Inszenierung ist, daß er die Ambivalenz zwischen Komik und Tragödie sichtbar macht. Am Anfang läßt Imhoof den Akteuren viel Raum, dieses Panorama der unerfüllten Sehnsüchte, der Eitelkeiten und Konflikte zu entfalten. Doch genauso konsequent treibt Imhoof das Drama auch dem Höhepunkt zu. Und da spielt auch Werner Hutterlis Bühnenbild wunderbar mit. Wo anfangs die Weite eines Seeufers suggeriert wird, verengt sich die Bühne im vierten Akt zu einem engen Raum, in dem sich die Konflikte in einem Ende mit Schrecken entladen.
…
Der Regisseur schaut genau hin. Scheinbar beiläufig lässt er seine Figuren ihre ungeheuerlichen Bemerkungen verschiessen. Imhoof interessiert sich für die Gefühle hinter der gesellschaftlichen Fassade. Sorgfältig legt er bloß, was noch an Lebensfunken in diesen erstarrten Gestalten vorhanden ist, die sich da auf dem Landgut versammelt haben
– Rheinpfalz
Die Möve fliegt, dank einer sehr guten Ensembleleistung und einer souveränen Regie.
– Saarbrücker Zeitung
Stimmen
Der Schauspieler zeigt die Gefühle, welche die Figur versteckt von Markus Imhoof
Jedermann schützt sich mit einer Maske oder kämpft mit einem behaupteten Gesicht. Beobachtungen an sich selbst und an anderen beweisen das. Auch kleinste Kleinigkeiten haben einen doppelten Boden. Man sagt: Guten Tag! aber denkt: Warum bist du schon da? Das ist der Untertext. Darin liegt das eigentliche Geheimnis verborgen. Nur durch dieses Nichtübereinstimmen von Innen und Außen wird eine Szene interessant, wird die Figur reich.
Meist ist der Untertext nahe an der Wahrheit. Oft so nah, daß der Mensch selber diese Wahrheit gar nicht kennt, nicht erkennen kann oder nicht erkennen will.
Der Regisseur aber muß sie kennen und der Schauspieler auch. Der Schauspieler muß auf der Bühne eine Figur spielen (oder sein), welche diese Wahrheit nicht kennt oder sie versteckt, andererseits muß der Zuschauer dieses Verstecken, diesen doppelten Boden erkennen können.
Es ist langweilig, einen Schauspieler auf der Bühne zu sehen, der Guten Tag! sagt. Wenn man aber spürt, daß er am liebsten Du Esel, mußt du schon kommen! sagen würde, dann weiß man, daß da eine Geschichte im Gange ist und wird gespannt zuschauen. (Diesen Text aber so auszusprechen, würde alles zunichte machen.)
Bereichernd oder erschwerend kommt dazu, daß der Schauspieler selber ein Mensch ist, der Charakterzüge versteckt oder andere lieber herausstreicht. Aus einem bestimmten, auch psychologischen Grund hat man ihm ja die Rolle anvertraut. Die doppelten Böden können sich so gefährlich oder wunderbar potenzieren. Das darf nicht immer alles offengelegt werden. Die Abgrenzung zwischen Bewußtheit und Traumwandelei ist oft nicht möglich.
– Markus Imhoof (aus dem Programmheft zu «Die Möwe»)